Es ist eine anerkannte Tatsache, dass die Gabe von Fremdblut und Fremdblutprodukten Nachteile und Gefahren für den Patienten birgt. In diesem Sinne wurden in den letzten Jahren große Anstrengungen gemacht, die zu einer deutlichen Reduktion des Fremdblutverbrauches geführt haben.

Diese durch punktuelle Verbesserungen erreichten Erfolge, wie zum Beispiel in der Logistik, der Schulung von Ärzten und Verbesserungen des Monitorings zur Akzeptanz eines niedrigeren Bluthämoglobinwertes sind nahezu ausgeschöpft. Eine einschneidende Verbesserung für die Zukunft erfordert eine teamadaptierte und individuelle Lösung für jeden Patienten. So wie man heute schon vom Beginn einer personalisierten Krebstherapie sprechen kann, sollte dies auch für das patientenadaptierte Fremdblutvermeidungsprogramm gelten. So wäre es als optimal zu erachten, würde ein Patient einen Operationstermin erst zugewiesen bekommen, wenn sein Organismus bestmöglich auf den Eingriff vorbereitet worden ist und nicht – wie derzeit noch üblich- der Operationstermin als bestimmender Faktor alle anderen Überlegungen beherrscht.

Dieses als Patient Blood Management (Patienten-orientierte Blutgebarung) bezeichnete Vorgehen besteht aus etlichen Bausteinen, die ineinandergreifen bzw. sich ergänzen. Zum Zeitpunkt des Eingriffes sollte der Patient ein gutes Blutbild und eine unbeeinträchtigte Blutgerinnung aufweisen, und auf eine perioperative Organisation treffen, die den geringstmöglichen Blutverlust anstrebt.

Dies bedingt aber die Zusammenarbeit vieler Einzelfächer und Bereiche, die sich von den niedergelassenen betreuenden Ärzten oder Institutionen, über die Medizintechnik, bei zu operierenden Patienten auch über chirurgische und anästhesiologische Maßnahmen, bis zur sicheren Nachbehandlung erstrecken. Beispielhaft sind hier einige Punkte angeführt:

Niedergelassener Bereich:

  • Anämieerkennung und –behandlung
  • Vermeidung der Medikation anämisierender Arzneimittel (z.B. Gerinnungshemmer, aber auch Medikamente zur Reduktion der Magensäure, Antibiotika, Antidepressiva u.v.m.)
  • Erhebung einer standardisierten Gerinnungsanamnese
  • Verbesserung der kardialen Belastbarkeit
  • Lungentraining (z.B. bei Oberbauch- und Thoraxoperationen)
  • Tatsächliche Notwendigkeit der Gabe von Plättchenaggregationshemmung bzw. Antikoagulation evaluieren

Medizintechnik:

  • Cell Saver
  • Mini Sampling (restriktive Blutentnahmen für Laborbestimmungen)
  • Weiterentwicklung blutsparender Techniken in der Chirurgie

Chirurgie:

  • Einsatz blutsparender Operationsmethoden
  • Chirurgische und anästhesiologische. Kompetenzzentren
  • Normothermie
  • Einsatz blutverlustsparender Anästhesiemethoden

Spital:

  • Auswahl der dafür geeigneten Eingriffe bzw. Patienten
  • Point-of-care-Gerinnungsdiagnostik
  • Ständige Technikevaluierung- und Erneuerung
  • Gut ausgebildetes und erfahrenes Personal
  • Ausreichende Überwachungsmöglichkeiten  um den Zeitpunkt einer Transfusion möglichst lange hinausschieben zu können
  • Einsatz von Ersatzarzneimitteln (wie Eisenpräparate, Erythropoietin, Vitamin K uam.) statt labiler + stabiler Blutprodukte

Alle o.a. Punkte und noch einige mehr haben sich seit längerer Zeit bewährt und werden vereinzelt auch individuell umgesetzt. Ein Management, dass jeder Patient die für ihn notwendigen und sinnvollen Maßnahmen erhält, fehlt aber noch, was zu unnötigen und teuren Fremdbluttransfusion auf der einen Seite, zum falschen Einsatz kostspieliger Methoden auf der anderen Seite führt. Jeder Patient benötigt ein für ihn individuell festgelegtes Konzept, was wann und wie erfolgen soll, damit eine Fremdblutgabe vermieden werden kann. Die Plattform Blut möchte dazu aufrufen, dieses anschauliche Vorhaben organisatorisch im Österreichischen Gesundheitssystem in ein perioperatives Konzept einzureihen.

Aus heutiger Sicht wird die Fremdbluttransfusion noch viele Jahre Standard in unserem medizinischen Leben spielen, da ein der Transfusion gleichwertiger synthetischer Ersatz noch lange nicht erhältlich sein wird. Doch sollte die Gabe von Fremdblut so selten wie möglich zum Einsatz kommen und soweit wie möglich durch sicherere Alternativen ersetzt werden. Wir fordern alle österreichischen Gesundheitsverantwortlichen dazu auf, dieses Behandlungskonzept in Österreich zum medizinischen Standard zu erheben.

Die Plattform Blut
(Dr. Christian Cebulla
Doz. DDr. Robert Fitzgerald
Univ.-Prof. Dr. Paul Höcker
OA Dr. Peter Perger)